Frauen, (M) macht, Karriere

Frauenmahl – Tischreden zur Zukunft von Religion und Kirche

Dortmund, 24.02.2012

Frauen, (M) macht, Karriere
Wir sind selbst unsere stärksten Gegnerinnen

Was ist Macht? Den eigenen Willen/die eigene Überzeugung auch gegen den Widerstand anderer durchzusetzen, Gesellschaft und Organisationen prägen und gestalten…

Wann haben wir Gleichberechtigung? Wenn genauso viele dumme Frauen wie dumme Männer in Führungspositionen sind….

Davon bin ich überzeugt.

Wie ich dahin kam, wo ich bin

„Demut, Fleiß und Frohsinn sind der Mädchen Feierkleid und ihr Schmuck ist Herzensgüte und ihr Kranz Bescheidenheit“. Mit diesem Spruch in meinem Poesiealbum bin ich aufgewachsen. Gefallen hat der mir nie.

Meine Mutter, eine starke Frau – trotz niedriger Schulbildung in leitender Position tätig – wurde nach der ersten Schwangerschaft von meinem Vater vor die Alternative gestellt: „Entweder ich, die Familie oder deine Arbeit“. Das war damals üblich. Demütigungen durch „ihre“ katholische Kirche gingen in die gleiche Richtung. Das hat sie ein Leben lang nicht los gelassen, das hat mich geprägt.

Meine Eltern haben mich zu einem braven Mädel erzogen, manchmal mit Gewalt, aber in letzter Konsequenz haben sie mich immer gelassen. Ich musste um alles kämpfen und zittern – um jeden Schulausflug, jedes Treffen mit der Jugendgruppe… Das hat seine Spuren hinterlassen:

Ich hatte und habe tiefes Misstrauen gegenüber Menschen, die mir sagen wollen, wo mein Platz ist.

Ich wollte eine Position im Leben erreichen, in der mich keine mittelmäßigen Menschen bevormunden können und:

Ich hatte eine tiefe Sehnsucht nach Gerechtigkeit.

Ich habe viel investiert in Selbsterfahrung, therapeutische Ausbildung. Da habe ich gelernt, vom Ziel her zu denken. Über den 2. Bildungsweg bin ich ins Journalistik- Studium und dann ins WDR Volontariat gekommen.

Bei anstehenden Entscheidungen habe ich mich nie ohne Not für das Zweitbeste entschieden, weder in der Ausbildung noch bei meinen Jobs, egal wie hoch die Hürde war.

Manchmal bin ich dabei innerlich fast vor Angst gestorben. Aber Angst kannte ich. Im Rückblick hatte ich so eine Art inneren Kompass, der mich auf krummen Wegen geradeaus geleitet hat. Ich neige dazu, ins kalte Wasser zu springen, dabei habe ich Schwimmen gelernt. So bin ich zu dem geworden, was ich bin.

Ich habe einen wunderbaren Job.

Die Zeiten der strukturellen Benachteiligung in meinem Arbeitsbereich sind weitestgehend vorbei. Dank Quote, Förderplänen und Verbündeten.

Ich sehe viele Frauen, die alles haben, was für eine Führungsposition nötig ist – sie glauben es nur nicht. Wir sind klug, stark, belastbar, engagiert…und stehen uns selbst im Weg.

Frauen und Macht? Das scheint nicht zu passen. Warum?

Drei zugegebenermaßen holzschnittartig zugespitzte Thesen dazu:

1. Wir sind uns selbst unsere größten Gegner:innen.

Frauen zweifeln an ihren Fähigkeiten, (selten höre ich das von männlichen Kollegen).

Frauen wollen perfekt sein – auf zwar auf allen Ebenen!

Ein Beispiel aus dem Berufsalltag: Wenige Sekunden vor einem super wichtigen Meeting am Morgen – die männlichen Kollegen trinken schon die 3. Tasse Kaffee – kommt eine meiner Führungskolleginnen total gehetzt in die Sitzung. Ich frage später, was los war. Sie sagt, „heute war’s wieder eng: mein Hund, mein Sohn, und dann bin ich schnell noch mal mit dem Staubsauger durch….kennst du doch….“.

Die Frau ist im 6. Monat schwanger. Ich frage: Und dein Mann? „Ach, der hatte es eilig, – ne wichtige Sitzung..!“ Hast du denn keine Haushaltshilfe? – „Schwierig“, sagt sie, „die machen das nicht wirklich gut.“

Wo setzen wir Prioritäten – und was ist mit Delegieren?

Wo sagen wir: „So nicht!“

Frauen übernehmen für alles Verantwortung und:

Wir bleiben dabei bescheiden! Da gibt es auch einen passenden Poesiealbum-Reim zu: „Blüh‘ wie das Veilchen im Moose, bescheiden, sittsam und rein und nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein…“

Warum eigentlich nicht wie die Rose?

Wir haben jede Menge fachliche und soziale Kompetenz und einen Aktenschrank voller Ausbildungszertifikate. Aber, haben Sie schon einmal eine Frau über sich sagen hören: Ich bin kompetent, also entscheide ich? Das wird jetzt so gemacht!

Unsere Sprache ist durchsetzt mit: vielleicht, eventuell, könnte, ist es möglicherweise, würde es …begleitet von einer sanften Sprachmelodie, den Kopf geneigt, ein Lächeln…

Frauen wollen nicht anecken. Dann mag man uns vielleicht nicht mehr, findet uns machtgeil und vielleicht irren wir ja auch und was dann (blamiert) und außerdem sollen sich doch alle wohlfühlen…

Was aber wird in Führungspositionen gebraucht?

Souveränität, Mut, Selbstvertrauen, Risikobereitschaft, keine Angst davor, sich unbeliebt zu machen, die Fähigkeit zu delegieren, anderen etwas zuzutrauen..

Wir hoffen immer noch, man erwählt uns aufgrund unserer fachlichen Kompetenz, unserer inneren Werte. Wir geben uns pflichtbewusst, bescheiden, nüchtern.

Wie langweilig, wie unsexy !!

Frauen haben einen Widerwillen gegen eine gute Performance.

„Ich bin wichtig, ich bin sogar sehr wichtig !

Welche Frau denkt das? Welcher kommt das über die Lippen? Wer von uns nimmt Raum ein -und das meine ich wörtlich-, nutzt ihn, präsentiert…

Das Verhängnisvolle:

Was wir an uns selbst nicht leiden können, das wollen wir auch nicht bei anderen Frauen sehen.

2. Wir mögen unsere Konkurrentinnen nicht

Deshalb mögen wir unsere Konkurrentinnen nicht. „Die zicken rum“, sagt ein Teil der Männerwelt und arbeitet derweil am eigenen Netzwerk.

Wir konkurrieren untereinander um die wenigen Quotenplätze.

Wir greifen keine Männer an, die mächtig sind.

Stattdessen unterstellen wir, die Konkurrentin sei „Liebling“ der Chefs.

Selten fragen sich Frauen:  Was hat die/der andere fachlich drauf, was ich nicht habe? Was brauche ich, um zu überzeugen, wie überzeuge ich? Wie muss ich strategisch vorgehen, welches Netzwerk muss ich aufbauen, um den männlichen Konkurrenten zu überholen? Oder auch: Wie mache ich Frauen und Männer zu meinen Verbündeten?

Wir lieben stattdessen selbstzerfleischende „Warum-Fragen“:

Warum kann ich dies und jenes nicht…, ergehen uns in Selbstzweifeln und Anklagen.

Männer tun das selten, schon gar keine Führungskräfte. Sie gehen selbstverständlich davon aus, dass sie der Welt Wichtiges zu geben und zu sagen haben und erschaffen sich ihre Realität …spielend.

3. Wir verweigern das Spiel

Frauen nehmen alles ernst. Wir haben einen Widerwillen, Situationen als Spiel zu interpretieren, in dem wir Akteurin sind, passiv oder aktiv – in Führung oder vorgeführt.

Ein Beispiel: Bewerbungssituation, es geht um eine Führungsposition: Der Chef fragt: „Sie haben zwei kleine Kinder. Was sagt denn ihr Mann zu ihrer Bewerbung?“

Wie hätten Sie reagiert?

Die Frau will den Job, will sich aber nicht klein machen:

Sie lacht ihn an – beide wissen warum …die Frage tut nichts zur Sache, sagt: „Mein Mann geht davon aus, dass sich für ihn nicht viel ändert, außer, dass wir jetzt Geld für eine Putzhilfe haben, die ihn unterstützt.

Sie bekommt den Job. „Sie haben die beste Performance abgeliefert“, sagt er später….Sie war damals schon alleinerziehend. War das o.k.??

Nicht der Weg ist das Ziel, das Ziel bestimmt den Weg!

Die Jungs haben das drauf – beim Fußball gelernt. Sie wissen, was Durchsetzen heißt, Offensiv sein, Fokussieren, Tricksen, strategisch ein Ziel verfolgen…Sie halten blaue Flecke und Angriffe aus…warum tun wir das nicht?

Wir hätten alles, was Führung ausmacht: Wir wissen, wie Männer ticken, aber wir verweigern das Spiel und nutzen unsere hohe soziale, emotionale und kommunikative Kompetenz nicht zu unserem Vorteil. Warum nicht?

Versuchen Sie es doch mal: Spielen macht Spaß – lassen Sie es häufiger ihr und unser Spiel sein.

Danke.